10 Jahre Gesunde Städte in der Bundesrepublik Deutschland - Eine Chance für die Zukunft

Rede der Frankfurter Oberbürgermeisterin beim Festakt im Römer am 10.Juni 1999 aus Anlass des 10jährigen Bestehens des Gesunde Städte-Netzwerkes der Bundesrepublik Deutschland

Es ist für mich als Oberbürgermeisterin, für den Magistrat und die ganze Stadt Frankfurt am Main eine besondere Freude, Sie als die Vertreterinnen und Vertreter der Städte zu begrüßen, die vor 10 Jahren hier im Frankfurter Römer das Gesunde Städte-Netzwerk der Bundesrepublik Deutschland gründeten. Ebenso freue ich mich, all diejenigen von Ihnen willkommen zu heißen, die seitdem durch die Beschlüsse ihrer gewählten Organe dem Netzwerk neu beigetreten sind.

 

Heute gehören diesem Netzwerk 48 Städte und Kreise mit insgesamt 12 Millionen Einwohnern an.

 

Fürwahr eine stolze Zahl, eine stolze Bilanz. Das ist ein großartiger Erfolg kommunaler Eigeninitiative und zeugt von der Innovationskraft des Gesunde Städte-Gedankens. Ich möchte dies vor allem aber auch Ihr Verdienst nennen, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Sie sich als Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker, Expertinnen und Experten im Gesundheitswesen und als Bürgerinnen und Bürger in Selbsthilfegruppen, Vereinen und Gesundheitsinitiativen engagiert haben, um dieses Netzwerk wachsen und gedeihen zu lassen.

 

 

Frankfurt am Main hat an dieser Entwicklung Anteil wie jede andere Stadt im Netzwerk auch. Aber erlauben Sie mir als Oberbürgermeisterin dieser Stadt, darauf hinzuweisen, daß Frankfurt als Gründungsort zumindest ein zusätzliches Plus, um nicht zu sagen ein gutes Omen für die Zukunft einer guten und wichtigen Sache darstellt.

 

Viele Entwicklungen und Initiativen, die in Frankfurt am Main ihren Anfang nahmen, waren politisch und kulturell für die Zukunft von förderlicher oder gar überragender Bedeutung. Von dieser geschichtlichen Tradition Frankfurts können auch heute neue Bestrebungen, und dazu zähle ich das Gesunde Städte-Netzwerk als wichtige kommunale und soziale Initiative , profitieren. Und ich stehe nicht an zu sagen, daß die Stadt ihrerseits davon profitiert.

 

Die Rolle als Europastadt - in Frankfurt leben 40.000 Bürger aus den anderen Staaten der Europäischen Union - die Ansiedlung der Europäischen Zentralbank, die Positionierung der Stadt Frankfurt und des Umlandes unter den europäischen Regionen und Wirtschaftsräumen - das sind Herausforderungen. Wir haben uns ihnen in der Kommunalpolitik gerne und frühzeitig gestellt.

 

Die Leistungsfähigkeit und Attraktivität unserer Stadt können wir gut über finanzielle und wirtschaftliche Daten verdeutlichen. Wie wir zuletzt bei der Ansiedlung der Europäischen Zentralbank festgestellt haben, ist auch das kulturelle und kommunikative Angebot von entscheidender Bedeutung. In dieser Beziehung ist Frankfurt schon länger eine ganz gesunde Stadt. Denn der Austausch von Gütern und Dienstleistungen ist in Frankfurt am Main immer auch mit dem Austausch von Ideen und Meinungen einhergegangen. Heute ist Frankfurt am Main nicht nur Finanz- und Messestadt, sondern auch eine Stadt der Medien und der Werbung.

 

In einem solchen Umfeld ist die Sensibilität dafür wach, daß den Menschen ermöglicht werden muß, ein gesundes Leben zu führen.

 

Dafür sind Beteiligungschancen im Sinne von Bürgerbeteiligung und freiwilliges und ehrenamtliches Engagement unverzichtbar - in Vereinen, Bürgerinitiativen und Selbsthilfegruppen.

 

 

 

Ich halte das für ein besonders überzeugendes Element des Gesunde-Städte-Gedankens!

 

 

 

 

 

Die Förderung von individueller und sozialer Verantwortung für die eigene Gesundheit und die Gesundheit der Mitbürger ist deshalb zu Recht ein Hauptziel des Gesunde Städte-Projekts in Frankfurt. Sie werden morgen beim Selbsthilfemarkt hier auf dem Römerberg zumindest einen Ausschnitt dieses Engagements präsentiert bekommen und ich bin sicher, Sie werden dabei einige Anregungen erfahren.

 

Sozialer und wirtschaftlicher Wandel macht es erforderlich, in der kommunalen Gesundheitspolitik den Zugang zu einem entsprechenden medizinischem und psychosozialen Angebot für alle Teile der Bevölkerung zu gewährleisten. Darum ist zum Beispiel die gesundheitliche Versorgung und Integration der ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger ein weiterer Arbeitsschwerpunkt, bei dem das Gesundheitsamt eine koordinierende Funktion wahrnimmt und an dem sich niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, Pflegekräfte, Standesorganisationen, Vereine und Wohlfahrtsverbände aus Frankfurt mit großem Engagement beteiligen.

 

Die Voraussetzungen für Gesundheit sind mannigfaltig: angemessene Wohnbedingungen, Bildung, soziale Absicherung, soziale Bindungen, Nahrung, Einkommen, ein nachhaltiger Gebrauch der Ressourcen - all das sind Einflußfaktoren von Gesundheit, die wir in der Kommunalpolitik in der Tat mitgestalten, auch wenn die Landes-, Bundes- und die europäische Politik den Rahmen setzen.

 

Demographische Trends wie Verstädterung, ein Anstieg der Zahl alter Menschen und damit der Prävalenz chronischer Krankheiten, vermehrt sitzende Tätigkeiten, Antibiotikaresistenzen und Gewöhnung an herkömmlich verfügbare Medikamente, verstärkter Drogenmißbrauch sowie Gewalt im öffentlichen und privaten Raum, bedrohen die Gesundheit und das Wohlbefinden der Bürgerinnen und Bürger.

 

Neue und erneut ausbrechende Infektionskrankheiten sowie das Erkennen von psychischen Gesundheitsproblemen erfordern neue Antworten. So haben gerade die Städte und Gemeinden in den letzten Jahren in der Drogenarbeit und Suchtprophylaxe sowie bei der Bekämpfung der Ausbreitung von AIDS und HIV-Infektionen ideenreich und effektiv reagiert. Sie haben aber nicht nur reagiert, sondern darüberhinaus Gesundheit zum Thema für die Masse der Bürgerinnen und Bürger gemacht und ein positives Verständnis von Gesundheit und nicht zuletzt auch der gesundheitlichen Selbsthilfe gefördert.

 

Wir haben in Frankfurt am Main die Mitgliedschaft im Gesunde Städte-Netzwerk von Beginn an als zukunftsgerichtete Aufgabe verstanden. Nicht nur die Abwehr von Krankheit, sondern Gesundheit im umfassenden Sinn als Aufgabe der Kommunalpolitik - das ist der Kerngedanke unserer Mitgliedschaft im Gesunde Städte-Netzwerk.

 

Wir verdanken der Gesunde Städte-Idee der WHO und dem deutschen Gesunde Städte-Netzwerk sehr viele konkrete Anregungen für die Gesundheits- und Sozialpolitik und die Stadtentwicklung

 

Dafür möchte ich mich beim Gesunde Städte-Netzwerk und Ihnen allen nicht nur aus Anlaß dieses Jubiläums ganz herzlich bedanken. Dies ist sicher auch ein Anlass für mich als Oberbürgermeisterin dieser Stadt allen Bürgerinnen und Bürgern ganz herzlich zu danken für ihr Engagement in Sachen kommunale Gesundheitsförderung in Initiativen, Selbsthilfe- und Stadtteilgruppen. Beispielhaft sind die Servicestelle BürgerInnenbeteiligung und das Gesundheitszentrum Schwanheim zu nennen. Ausdrücklichen Dank auch für die hervorragenden Leistungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gesundheitsamtes und unseres Gesunde Städte-Koordinators Dr. Hans Wolter.

 

Ich glaube, Frankfurt ist für Jubiläen und Zukunftsimpulse gleichermaßen ein guter Ort. Wir alle können ein bißchen stolz sein auf gute Zusammenarbeit im Netzwerk in diesem Zeitraum von 10 Jahren. Wichtiger aber ist, daß wir daraus Kraft und umsetzbare Ideen für die Praxis in den Städten und Kreisen für die Zukunft schöpfen.

 

In diesem Sinne wünsche ich uns allen im Gesunde Städte-Netzwerk weitere mit gesunden Ideen und Taten ausgefüllte 10 Jahre.

 

 

10 Jahre Gesunde Städte-Netzwerk"

der Bundesrepublik Deutschland